Berliner Strategie für den Erhalt und den Zugang zum theaterkulturellen Erbe Berlins in Gegenwart und Zukunft

 

Der Runde Tisch der Berliner Theaterarchive stellte am 29. Januar 2018 im Deutschen Theater Berlin erstmals öffentlich die in Teilen kritische Situation der Archive und Sammlungen an den Berliner Theater- und Opernhäusern zur Debatte.

Die mehr als 70 Teilnehmer*innen diskutierten Eckpunkte einer gemeinsam von den Theaterhäusern, den Gedächtnisinstitutionen – Landesarchiv Berlin, Stiftung Stadtmuseum Berlin, Akademie der Künste u.a. – sowie mit der Berliner Politik und Verwaltung zu entwickelnden Strategie für die Erhaltung und den öffentlichen Zugang zu den Quellen der Berliner Theaterkultur als einem unverzichtbaren Bestandteil des historischen und aktuellen Selbst-verständnisses der Stadt Berlin. Im Ergebnis dieser öffentlichen Debatte wurden erste Handlungsfelder identifiziert:

1. Die Berliner Kultur bedarf einer strukturellen Stärkung der Theaterarchive

Die Integration der theatereigenen Dokumentations- und Archivarbeit in die Arbeitsstrukturen der Theater, die Wahrnehmung von Verantwortung zum Erhalt und der Überlieferung der Quellen und Dokumente von Theaterarbeit müssen künftig im kulturellen Grundauftrag der Berliner Theater- und Opernhäuser programmatisch und praktisch verankert werden. Eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür bildet der Erhalt bzw. die Schaffung qualifizierter personeller Ressourcen in den Theatern für den fachlich fundierten Umgang mit den jeweils eigenen Archiv- und Sammlungsbeständen – auch und gerade unabhängig vom Wechsel der Intendanzen.

2. Die Gedächtnisinstitutionen und das kulturelle Erbe der Berliner Theater

Generell erforderlich ist die personelle Stärkung, die Ausstattung und Profilierung derjenigen Abteilungen in den Berliner Gedächtnis-institutionen, die mit der Theaterüberlieferung beauftragt sind. Dies sollte verstärkt dem Ziel dienen, den Theatern gegenüber in Fragen der Archivarbeit aktiv beratend und koordinierend tätig zu werden.

3. Entwicklung strategischer Kooperationen der Archive und Sammlungen an den Theater- und Opernhäusern mit den Gedächtnisinstitutionen und der Senatsverwaltung für Kultur und Europa

Grundlage einer notwendigen Kooperation ist die nachhaltige Umsetzung der Bestimmungen des Archivgesetzes des Landes Berlin und der weiteren gesetzlichen Vorgaben sowie die Stärkung der Sammlungs- und Überlieferungsaufgaben der öffentlichen Gedächtnis-institutionen in Berlin.

 

Notwendig ist die präzisierende Klärung und Steuerung von Zustän-digkeiten gemäß Archivgesetz des Landes Berlin, der sonstigen gesetzlichen Vorgaben und gemäß den Regelungen des Berliner Senats.

 

Dringend erforderlich ist die Entwicklung einer Task-Force für ein abgestimmtes Handeln aller Institutionen in Fragen der Bergung und Sicherung von wichtigen Beständen, ihrer Übergabe, Übertragung und ihres Verbleibs. Dies betrifft auch die dauerhafte Unterstützung der Theater- und Opernhäuser beim Aufbau notwendiger Infrastrukturen für die Dokumentations- und Archivarbeit sowie die Bereitstellung der entsprechenden Ressourcen.

 

Überfällig ist die Einrichtung einer Beratungsstelle für den Aufbau und die Weiterentwicklung elektronischer Verzeichnungssysteme an den Theatern Berlins, um eine Erschließung und Nutzbarmachung der Archive und Sammlungen zu ermöglichen.

4. Projektförderungen für die Sicherung und Bestandserhaltung gefährdeter Dokumente und Bestände sowie ihrer Digitalisierung

Die Erhaltung und Digitalisierung wichtiger Theaterbestände bedarf ihrer Integration in die Projektförderprogramme des Landes Berlin.

 

Hierzu zählt – in enger Abstimmung mit der Senatsverwaltung für Kultur und Europa – der Aufbau einer kontinuierlichen Kooperation mit dem Forschungs- und Kompetenzzentrum für Digitalisierung Berlin (digiS).

 

Dringend notwendig sind darüber hinaus aber auch Mittel und Verfahren, um die Bestandserhaltung und Digitalisierung akut gefähr-deter Bestände in den Archiven und Sammlungen der Berliner Theater operativ und unabhängig von einer späteren Online-Veröffentlichung zu ermöglichen.

5. Demokratischer Zugang zu den Quellen des theaterkulturellen Erbes Berlins

Die Grundlage für zeitgemäße Formate der Information, des Zugangs und der Nutzung der reichhaltigen Quellen des Berliner Theaters in Vergangenheit und Gegenwart bildet die Vernetzung der Theaterarchiv-Datenbanken mit dem langfristigen Ziel eines gemeinsamen öffentlichen Online-Zugangs für die Wissenschaft und eine breite interessierte Öffentlichkeit. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die Existenz bzw. der Aufbau von Datenbank- und Archivumgebungen an allen Berliner Theater- und Opernhäusern.

6. Kulturpolitische Kontexte

Die hier skizzierte Initiative für eine Strategie zum Erhalt und der Zugänglichmachung des kulturellen Erbes der Berliner Theater versteht sich ausdrücklich als ein kooperativer Impuls sowohl zum Berliner wie auch dem nationalen Projekt eines Archivs des Freien Theaters; sie schließt darin auch die Landschaft der Privattheater mit ein.

 

Runder Tisch der Berliner Theaterarchive – Berlin, April 2018

 

Download des Strategiepapiers

Download des Texts von Prof. Dr. Jan Lazardzig: Theater archivieren

Download der Umfrage zu den Berliner Theaterarchiven